Historie: Kirschen gehören wie die meisten Obstarten botanisch gesehen zur Familie der Rosengewächse. Zu unterscheiden sind die Kulturformen von den Wild- und Zierkirschen. Unsere hiesige Wildform ist die Vogelkirsche, die besonders in Mischwäldern und Wildhecken vorkommt. Durch Vögel, die die Früchte fressen und später die Kerne ausscheiden, werden die Bäume weiter verbreitet. Die Kulturkirschen werden in Süß- und Sauerkirschen unterteilt. Vorläufer unserer Süßkirschen stammen ursprünglich aus Kleinasien und sind dort bereits im 1. Jahrhundert vor Christus aus Wildformen gezüchtet worden. Über Griechenland gelangten sie dann nach Italien, und die Römer haben sie im übrigen Europa weiter verbreitet. Im Gegensatz zu den Süßkirschen ist die Herkunft der Sauerkirschen unklar. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie allotetraploid sind, also einen doppelten Chromosomensatz besitzen. Die Hälfte der Chromosomen stammt möglicherweise von der Vogelkirsche ab.
Sorten: Die meisten Kirschsorten sind nicht selbstfruchtbar, d.h. sie brauchen mindestens einen weiteren Kirschbaum in der Nähe, der sie befruchten kann. Darauf ist beim Kauf zu achten. Eine Alternative kann eine selbstfruchtbare Sorte sein. Kulturkirschen werden grob in Süß- und Sauerkirschen eingeteilt. Beide Arten unterscheiden sich in mancherlei Hinsicht. Während Süßkirschen hauptsächlich als Tafelobst für den Frischverzehr Verwendung finden, werden Sauerkirschen in der Regel eingeweckt oder zu Marmelade, Torten, Desserts und Bränden weiter verarbeitet. Süßkirschen gliedern sich wiederum in Herz- und Knorpelkirschen. Herzkirschen haben weiches, Knorpelkirschen festes Fruchtfleisch. Wie bei Äpfeln und Birnen gibt es auch bei Süßkirschen frühe und späte Sorten (siehe auch Obstbaum-Sortenliste). Die Einteilung nach der Reifezeit wird seit altersher nach Kirschwochen (KW) vorgenommen, wobei eine Kirschwoche (auf den ersten Blick verwirrend) einen Zeitraum von 15 Tagen umfasst. Die frühesten Sorten werden in der 1. Kirschwoche reif, die spätesten in der 9. Kirschwoche. Eine bei uns bekannte frühe Sorte der 2. KW ist z.B. „Burlat“, ein ehemaliger Zufallssämling aus Frankreich. Dies entspricht dem 16. – 31. Mai. Sie hat den Vorteil, dass sie wegen der frühen Reifezeit noch nicht von der Kirschenfruchtfliege befallen wird. Die bei uns späteste empfehlenswerte Süßkirsche ist „Sunburst“, eine selbstfruchtbare Sorte aus Kanada. Sie wird in der 8. KW reif, also vom 16. – 31. August. Dazwischen liegen die Sorten „Kordia“ (6. KW) und „Regina“ (7. KW). Bei den Sauerkirschen ist vor allem die Sorte „Achat“ (6. KW) zu nennen, eine neuere Sorte, die großfrüchtig, ungewöhnlich süß und daher auch für den Frischverzehr geeignet ist. Auf einer entsprechenden Unterlage veredelt (siehe unten) kann sie auch für den Haus- und Kleingarten empfohlen werden.
Pflege, Ernte und Lagerung: Süßkirschen wachsen ausladend und können bis 20 m hoch werden, Sauerkirschen nur bis 5 m. Unveredelt sind sie nur für Streuobstwiesen zu empfehlen. Wie andere Obstbäume auch müssen sie geschnitten werden, um ihre sortentypischen Eigenschaften zu erhalten. Unterbleiben diese Maßnahmen, nehmen Ertrag und Fruchtqualität frühzeitig ab. Bei ihnen greift dasselbe Prinzip wie bei Apfel- und Birnbäumen (siehe Obstbaumschnitt!). Allerdings schneidet man Kirschbäume direkt bei der Ernte. Die Schnittwunden heilen dann schnell ab, und die Kirschen lassen sich einfacher pflücken, wenn die Triebe gleich mit den Früchten abgeschnitten werden. Dieser Sommerschnitt gilt besonders für Sauerkirschen, die nur am letztjährigen Holz fruchten. Freizeitgärtner sollten sich bei einer Neupflanzung für den Hausgarten dazu entscheiden, einen Kirschbaum zu wählen, der auf schwach wachsender Unterlage veredelt ist. Seit rund 20 Jahren gehört z.B. „GiSelA 5“ zu den Standard-Unterlagen, die auch viel im Erwerbsobstbau genutzt wird. Solche Kirschbäume werden als Spindeln mit geringer Wuchshöhe erzogen, die nur wenig Fläche im Garten brauchen und sich bequem ohne Leiter ernten lassen (siehe Obstbaumschnitt, Schnitt von Spindelbäumen!). Wächst der Mitteltrieb zu stark, kann man ihn auf 2,5 m ableiten. Nach der Ernte müssen die Früchte innerhalb von wenigen Tagen frisch verzehrt werden. Eine längere Lagerung ist nicht möglich. Sie können aber eingefroren, eingeweckt oder zu Marmelade, Desserts oder Spirituosen weiter verarbeitet werden.
Schädlinge und Krankheiten: Ein Schädling, der in unserer Region praktisch obligatorisch bei Kirschbäumen vorkommt, ist die Kirschfruchtfliege. Sie legt ihre Eier auf den unreifen gelben Kirschen ab. Daraus entwickeln sich Maden, die sich in die reifen Früchte bohren. Gelbfallen sind in diesem Fall nur mäßig erfolgreich. Als sehr effektiv gegen die Kirschenfruchtfliege haben sich engmaschige Netze erwiesen. Sie sind nur bei Spindelbäumen praktikabel, beugen aber auch dem Vogelfraß vor. Ein weiterer Ausweg aus dem Dilemma ist auch die Wahl einer frühen Sorte, z.B. Burlat, weil früh reifende Kirschen bis zur 3. KW noch nicht von der Kirschfruchtfliege befallen werden. Die wichtigste Krankheit bei Kirschen ist die von einem Pilz verursachte Monilia-Spitzendürre. Zuerst werden die Blüten braun, dann sterben die befallenen Triebenden ab. Monilia kommt im Prinzip bei allen Obstarten vor. Manche alten Sauerkirschsorten sind jedoch besonders betroffen, z.B. die Schattenmorelle. Die wichtigste Maßnahme zur Bekämpfung ist ein rechtzeitiger Rückschnitt der befallenen Triebe ca. 20 cm ins gesunde Holz. Bei der Neupflanzung eines Sauerkirschbaums sollte darauf geachtet werden, dass eine gegen Monilia widerstandsfähige Sorte gewählt wird, z.B. Achat.
Rezepte mit Kirschen siehe hier!